Lotzeland

Das Lotzeland liegt in der sechsten Ebene. Es wurde vom Großen Mechanikermeister ursprünglich und ausschließlich für die Lotze geschaffen, die seine ersten Schöpfungen darstellen. Von dieser Ebene aus ist der Mechanikermeister immer weiter schöpfend durch die Ebenen bis zur zwölften Ebene gezogen.
Von den ursprünglich 7.363.629 Lotzen, die in der Anfangszeit ausgedehnte Flächen des wunderschönen, geradezu arkadischen Lotzelandes bewohnten, waren es bei Jules und Franzis Auskunft gerade einmal noch 223 Lotze, die weit verstreut und voneinander abgeschieden in dem herrlichen Lande lebten. Viele der ehemals großen Bevölkerungsgruppe der Lotzeländer waren fortgezogen bis in die zwölfte Ebene, um ihren Vater den Mechanikermeister zu suchen. Ein nicht minder großer Teil der Lotze verrostete, da die Lotze, obgleich unsterblich gebaut, doch von ihren Körpern her gegen Wasser sehr anfällig sind.
Diesen Widerspruch zwischen ihrer eigenen Unsterblichkeit und der Anfälligkeit ihres Eisenkörpers haben die Lotze nie zu lösen vermocht. So lebten auch sie, obwohl vom Mechanikermeister zur ewigen Glückseligkeit geschaffen, in ständiger Sehnsucht nach ihrem Vater wie auch in Ängsten vor dem Verfall ihres Körpers. Der in eine Jahrmillionen dauernde Lethargie verfallene Mechanikermeister wusste nichts von dem Leid und Elend seiner Geschöpfe, sondern glaubte sie vielmehr für alle Ewigkeit in Glückseligkeit.

Geographie und Klima des Lotzelandes

Im Norden wird das Lotzeland durch ein gewaltiges Gebirge Namens Fehrefa begrenzt, dessen schneebedeckte Felsgipfel über 12.000 Meilen in den Himmel ragen und ein nahezu unüberwindliches Hindernis bilden. Diese steilen Berge gehen über nur sieben absteigende Felsenstufen unvermittelt in ein sanftes nahezu hügelloses Wiesenland über.
Im Osten liegt das warme türkisblaue Meer Scaah, welches etwa Zweidrittel der gesamten Fläche des Lotzelandes einnimmt und teils von rauen Steilküsten, teils von lieblichen Stränden begrenzt wird. Das Haus des Binki Lotz befindet sich in letzterer Gegend nur eineinhalb Meilen von der Küste entfernt. Das warme Meer sorgt im gesamten Lotzeland für ein ungewöhnlich mildes Klima mit nahezu gleichbleibender Temperatur und Witterung, so dass dort ein ewiger Frühling herrscht.
In Süden verwandeln sich die Wiesen allmählich in ein sanftes Hügelland, dessen Täler von mächtigen, heiteren Wäldern durchzogen werden, die bis hin zum blauen Königreich Skarwach nicht mehr abbrechen. Ab etwa der Hälfte des Lotzelandes münden alle gen Süden fließenden Flüsse und Bäche in das gewaltige abgrundtiefe Mulkurulbecken, das sich aber schon außerhalb des Lotzelandes befindet.

  Der längste und zugleich breiteste Fluss ist der Mimm, der über eine Strecke von etwa 2.700 Meilen einen Großteil des Lotzelandes durchquert. Als die Bevölkerung des Lotzelandes vor vielen Millionen Jahren noch blühte, bot dieser Fluss tagtäglich einen prachtvollen Anblick, da es trotz ihrer Wasserscheuheit für die Lotze kein größeres Vergnügen gab, als ausgedehnte Schiffsreisen auf dem Mimm zu unternehmen. Man traf und begegnete sich in erster Linie auf dem Fluss. Und wenn die Lotze nach tagelanger oder auch wochenlanger Schiffsreise endlich wieder zuhause in ihren Kübel- und Steinhäusern ankamen, hatten sie so viel zu erzählen, dass ihnen die Geschichten bis zur nächsten Reise nicht ausgingen. Jule und Franzi konnten noch einige spärliche Überreste dieser ehemals gewaltigen Schiffsflotte bewundern.
Im Westen schließlich verjüngt sich das Land bis auf eine schmale etwa 27 Meilen breite Landzunge, die auf der einen Seite von einem üppigen Sumpfgebiet und auf der anderen Seite von fjordartigen Ausläufern des Meeres Scaah begrenzt wird. Geht man diese Landzunge gen Westen weiter, öffnet sich dem Wanderer ein wunderschönes lichtgrünes Wiesental, das in regelmäßigen Abständen von kleinen Baumgruppen aufgelockert wird. Nach zwei Tagesmärschen erreicht man endlich ein rotes rau zerklüftetes Felsenband, das aufgrund seiner messerscharfen Felskanten zu Fuß unüberwindbar ist. Den einzigen Weg weiter gen Westen bildet ein reißender Fluss, der unterirdisch durch das Gebirge fließt. Direkt hinter dem Gebirge erstrecken sich erneut wunderschöne ausgedehnte Wiesenlandschaften, nur durch wellenförmige Hügel und kleine glitzernde Bächlein durchbrochen, deren Sanftheit schon von weitem das Herz ganz weich stimmt. Dies ist das Gebiet, wo Hotz Lotz wohnt.
Zu erwähnen bleibt schließlich noch eine ganz und gar ungewöhnliche Wolkenerscheinung, die durch die Begegnung der warmen feuchten Luftmassen des Meeres Scaah mit den eiskalten trockenen Winden des Gebirges Fehrefa entsteht. Zweimal im Jahr stauen sich durch besondere Witterungsverhältnisse dort mächtige weißgraue Wolken zu Fuß des stufenförmig ansteigenden Hochgebirges und erklimmen dabei Schritt für Schritt eine Stufe nach der anderen bis sie alle sieben Felsenbänder wie ein weicher flauschiger Teppich bedecken. Dieser seltsame Aufstieg dauert drei Tage. Auf der höchsten Stufe kommt plötzliche eine seltsame Bewegung in die Szenerie. Die Wolkenbänke beginnen im Uhrzeigersinn zu tanzen, weil unter ihnen eine warme Windströmung entlang fährt. Dabei steigen die Wolken auf und regnen sich mehrere Wochen lang über den Bergen ab. Die gesamte Zeit über spannt sich dabei ein Regenbogen von Ost nach West, das Gebirge wie eine Krone umkränzend. Die Lotzeländer nennen diesen Regenbogen deshalb auch die Krone Fehrefas, denn sie glauben, dass ihr Gebirge in Wirklichkeit der Kopf einer schlafenden Riesin gleichen Namens sei.


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